Verkehrsünderkartei als Kuhhandel: Wie der Handel von „Punkten in Flensburg“ den Sinn der Strafen ad absurdum führt.

Ein bevorstehender Führerscheinentzug wegen zu vieler Punkte in der Verkehrssünderkartei in Flensburg ist gerade bei Pendlern und bei Berufstätigen im Aussendienst keine Seltenheit. Doch scheinbar lässt sich mit den Punkten nun Handel treiben. Im Netz bieten sogenannte Punktehändler die „Verwässerung der Strafe“ als Dienstleistung an: Gegen Bezahlung übernehmen Strohmänner die Punkte und anfallende Fahrverbote.
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„Er war’s!“ -professioneller Strafenankauf als Grauzone
Dieser Business Case, der sich in einer rechtlichen Grauzone bewegt, ruft nun – reichlich spät – Verkehrsexperten auf den Plan. Insbesondere der ADAC sieht darin eine erhebliche Gefahr für die Verkehrssicherheit und drängt auf eine schnelle Änderung des Gesetzgebers, um diese Lücke zu schließen. Denn wer 8 Punkte erreicht, gilt als ungeeignet zum Führen eines Fahrzeugs, die Fahrerlaubnis wird entzogen.
Wie bekannt ist der Handel mit Punkten überhaupt? Zahlen zum Punktehandel

Doch ist der Punktehandel überhaupt in der Bevölkerung bekannt? Eine Umfrage des ADAC liefert dazu ein paar Zahlen: Während nur etwa jeder vierte Autofahrer (25%) von der Existenz gewerblicher Punktehändler weiß, ist die Bekanntheit unter denjenigen, die bereits Punkte in Flensburg angesammelt haben, mit 43% deutlich höher. Für den Automobilclub ist dies ein Indiz für dringenden Handlungsbedarf, da das Punktesystem, so der ADAC, ein zentrales Element zur Sicherung der Verkehrssicherheit sei und nicht dem Selbstzweck diene.
Die Umfrageergebnisse offenbaren zudem eine ambivalente Haltung: Zwar befürworten 72% aller Befragten eine Bestrafung des gewerblichen Punktehandels, doch bei Fahrern mit einem bereits belasteten Punktekonto sinkt diese Zustimmung auf 48%. Bemerkenswerte 35% dieser Gruppe sehen keinen Grund für eine Sanktionierung. Besonders beunruhigend aus Sicht des ADAC: Die Hälfte der Fahrer mit Punkten würde einen solchen Dienstleister wohl in Anspruch nehmen, um ein Fahrverbot zu vermeiden, solange keine rechtlichen Konsequenzen drohen.
All das öffne Tür und Tor für die systematische Untergrabung des bewährten Punktesystems durch Behördentäuschung, solange die Händler ungestört Ihren Handel mit den Verkehrssünden der anderen treiben können.
Der Handel muss schnell gestoppt werden: Gesetzgeber und Behörden in der Pflicht
Seit Jahren drängt der ADAC auf eine gesetzliche Regelung, die den gewerblichen Punktehandel unter Strafe stellt und fordert die Bundesregierung zum Handeln auf. Unterstützung erhält der ADAC dabei unter anderem vom Bayerischen Polizeiverwaltungsamt, das sich in Expertengesprächen ebenfalls für härtere Sanktionen ausgesprochen hat.
Als mögliche Interventionen schlägt der ADAC nicht nur empfindliche Bußgelder von bis zu 30.000 Euro vor, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen, sondern auch die Möglichkeit, Internetdomains der Anbieter sperren zu lassen. Ein klares gesetzliches Verbot würde bereits das Anbieten solcher Dienstleistungen illegal machen. Würde dann im Bußgeldverfahren eine Behördentäuschung im Zusammenhang mit dem gewerblichen Punktehandel aufgedeckt, könnten alle Beteiligten – Händler, Auftraggeber und die Personen, die Punkte und Fahrverbote übernehmen – konsequent sanktioniert werden.
Auch die Punkteübernahme für den „netten Onkel“ ist tabu.
Auch Gefälligkeiten im privaten Umfeld sollten tabu sein: Die Übernahme von Punkten für Freunde oder Verwandte sei ebenso eine Täuschung der Behörden. Eine Strafe, die durch Dritte übernommen wird, verfehlt ihren Zweck erheblich.









